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Fünf Irrtümer über die sogenannte 24-Stunden-Pflege
Viele Familien wünschen sich für ihre Angehörigen eine Betreuung im eigenen Zuhause – am besten rund um die Uhr. Zahlreiche Agenturen werben deshalb mit dem Begriff „24-Stunden-Pflege“. Das klingt nach einer idealen Lösung: eine Betreuungskraft, die ständig da ist, kocht, wäscht, begleitet und pflegt. Doch die Realität sieht anders aus. Der Ausdruck „24-Stunden-Pflege“ ist rechtlich irreführend und führt oft zu falschen Erwartungen – bei Pflegebedürftigen ebenso wie bei ihren Familien. Welche fünf Missverständnisse besonders häufig vorkommen und was Sie wissen sollten, bevor Sie sich für eine solche Betreuung entscheiden.
Irrtum 1: „24-Stunden-Pflege“ bedeutet Betreuung rund um die Uhr
Der Begriff „24-Stunden-Pflege“ suggeriert, dass eine einzige Betreuungskraft Tag und Nacht verfügbar ist. Tatsächlich ist das weder menschlich möglich noch gesetzlich erlaubt. In Deutschland gelten klare Arbeitszeitregelungen: Eine Person darf nicht dauerhaft in Bereitschaft sein oder ununterbrochen arbeiten. Auch die sogenannte „Bereitschaftszeit“ – also etwa das nächtliche Warten auf einen möglichen Hilferuf – zählt zur Arbeitszeit.
Realistisch bedeutet das: Betreuungskräfte können tagsüber unterstützen und im Notfall auch nachts helfen, aber keine lückenlose Rund-um-die-Uhr-Betreuung leisten. Wer wirklich eine dauerhafte Nachtbetreuung benötigt, sollte mehrere Betreuungspersonen einplanen oder ergänzende Pflegedienste hinzuziehen.

Irrtum 2: „24-Stunden-Pflege“ umfasst auch medizinische Pflege
Viele der sogenannten 24-Stunden-Kräfte stammen aus osteuropäischen Ländern und arbeiten als Haushalts- und Betreuungskräfte – nicht als ausgebildete Pflegefachkräfte. Sie dürfen daher keine medizinischen Tätigkeiten übernehmen. Das bedeutet: Verbände wechseln, Medikamente verabreichen oder Injektionen setzen darf ausschließlich examiniertes Pflegepersonal.
Die Aufgaben einer Betreuungskraft liegen vor allem im haushaltsnahen und begleitenden Bereich – also beim Kochen, Putzen, Einkaufen oder bei der Unterstützung der Körperpflege. Besonders wertvoll ist ihre Rolle im Alltag: Sie leisten Gesellschaft, begleiten bei Spaziergängen, lesen vor oder unterstützen bei Terminen. Sie fördern damit die soziale Teilhabe und entlasten Angehörige – ohne jedoch eine fachpflegerische Versorgung zu ersetzen.
Irrtum 3: Die „24-Stunden-Pflege“ wird von der Pflegeversicherung übernommen
Viele Angehörige gehen davon aus, dass die Pflegeversicherung die Kosten für eine 24-Stunden-Betreuung übernimmt. Das ist jedoch ein Missverständnis.
Die Pflegeversicherung zahlt kein direktes Gehalt für eine ausländische Betreuungskraft. Pflegebedürftige können lediglich Pflegegeld oder Sachleistungen nutzen, um einen Teil der Kosten abzudecken.
Wichtig ist außerdem: Auch Betreuungskräfte aus dem Ausland haben Anspruch auf faire Arbeitsbedingungen und mindestens den gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland – unabhängig davon, ob sie direkt angestellt sind oder über eine Agentur vermittelt werden.
Wer Unterstützung bei der Finanzierung braucht, kann sich an Pflegestützpunkte oder kommunale Pflegeberatungen wenden. Dort gibt es unabhängige Informationen zu Zuschüssen, Kombinationsleistungen und gesetzlichen Ansprüchen.
Irrtum 4: Eine „24-Stunden-Pflegekraft“ ersetzt alle anderen Hilfen
Auch wenn eine Betreuungskraft im Haushalt lebt, ersetzt sie nicht das gesamte Pflegenetz. Sie kann ein wichtiger Baustein in der häuslichen Versorgung sein, aber keine Rundumlösung. Spätestens ab einem höheren Pflegegrad sollte ein ambulanter Pflegedienst eingebunden werden, um medizinische und pflegerische Aufgaben fachgerecht abzudecken.
Ergänzend können Angehörige, Nachbarn oder ehrenamtliche Helfer unterstützen – etwa bei Einkäufen, Arztbesuchen oder Freizeitaktivitäten. So entsteht ein tragfähiges Netzwerk, das Pflegebedürftigen Sicherheit gibt und Angehörige entlastet.
Wer Pflegegeld bezieht, kann dieses flexibel einsetzen: für Pflegedienste, zusätzliche Betreuungsangebote oder Unterstützung im Alltag. Die Kombination verschiedener Hilfen sorgt meist für eine bessere Versorgung als der Versuch, alles über eine einzelne Betreuungskraft abzudecken.
Irrtum 5: Die Betreuungskraft wohnt einfach im Haushalt – das ist problemlos möglich
Viele Familien gehen davon aus, dass eine Betreuungskraft einfach im Haushalt der pflegebedürftigen Person wohnen kann, ohne dass weitere Regelungen nötig sind. Doch das ist ein Irrtum.
Auch wenn Betreuungskräfte im selben Haushalt leben, handelt es sich um ein Arbeitsverhältnis mit klaren rechtlichen Vorgaben. Dazu gehören ein eigener, abschließbarer Schlafraum, ausreichend Privatsphäre und geregelte Arbeits- und Ruhezeiten. Die Betreuungskraft ist nicht „Teil der Familie“ im rechtlichen Sinn, sondern Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer – mit entsprechenden Schutzrechten.
Ebenso wichtig: Angehörige übernehmen als Auftraggeber Verantwortung – sie müssen darauf achten, dass die rechtlichen Bedingungen eingehalten werden. Dazu zählen Arbeitszeitgesetze, Mindestlohnregelungen und gegebenenfalls Anmeldungen bei Sozialversicherungsträgern.
Wer diese Aspekte berücksichtigt, sorgt nicht nur für Fairness, sondern auch für eine vertrauensvolle und stabile Betreuungssituation.
Unser Redaktionsteam widmet sich seit vielen Jahren den Themen rund ums Älterwerden. Mit Fachwissen, journalistischer Sorgfalt und einem offenen Blick für die Lebenswirklichkeit älterer Menschen informieren wir über Pflege und Wohnen, Gesundheit und Krankheit, Vorsorge sowie Freizeitgestaltung im Ruhestand. Unser Ziel ist es, verständlich und praxisnah zu begleiten – für ein aktives, selbstbestimmtes Leben in jedem Alter.



